In Sesamsamen aus Indien und Produkten mit Sesam sind in den vergangenen Wochen zahlreiche Warnmeldungen wegen Rückständen an Ethylenoxid im europäischen Schnellwarnsystem (RASFF) ergangen. Als Reaktion darauf wurden mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1540 vom 22.10.2020 verschärfte Kontrollen nach der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1793 für Sesamsamen angeordnet. Danach werden bei Sesamsamen aus Indien Warenuntersuchungen und Nämlichkeitskontrollen beim Eingang in die Union mit einer Häufigkeit von 50 % durchgeführt (siehe Food & Recht, 12/2020 S.4).
In Deutschland ist der Einsatz von Ethylenoxid bereits seit 1981 nicht mehr zulässig. Seit 1991 ist Ethylenoxid als Pflanzenschutzmittel in der EU verboten, da es als kanzerogen und mutagen eingestuft wurde. Ethylenoxid kam als Begasungsmittel zum Einsatz. Die Höchstmenge für Sesamsamen beträgt 0,05 mg/kg und entspricht der unteren analytischen Bestimmungsgrenze.
Da Ethylenoxid erbgutverändernd und krebserzeugend ist, gibt es somit laut BfR keinen Richtwert ohne Gesundheitsrisiko. Das BfR hat daher eine „Aufnahmemenge geringer Besorgnis“ abgeleitet, unterhalb der bei lebenslanger Aufnahme das zusätzliche Risiko an Krebs zu erkranken kleiner als ca. 1:100 000 ist. Diese Aufnahmemenge geringer Besorgnis hat das BfR für Ethylenoxid mit 0,037 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag (μg/kg KG/Tag) berechnet. Die Berechnung stützt sich auf die Methode „large assessment factor approach“ der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Nach Informationen des BfR haben Analysen der Überwachungsbehörden der Länder gezeigt, dass in den untersuchten Proben Ethylenoxid praktisch vollständig in 2-Chlorethanol umgewandelt wurde. Der Metabolit 2-Chlorethanol wird in der EU bisher gemeinsam mit Ethylenoxid bewertet. Rückstände von Ethylenoxid sind definiert als „Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid“.
Das BfR verweist auf Tierstudien, wonach es Hinweise auf eine erbgutverändernde Wirkung durch 2-Chlorethanol gibt. Da keine Hinweise darauf existieren, dass das Abbauprodukt 2-Chlorethanol stärker erbgutverändernd und krebserzeugend als Ethylenoxid sein könnte, wird die gemeinsame Bewertung von Ethylenoxid und 2-Chlorethanol als Summenparameter bis zur Vorlage neuer Daten weiter durch das BfR unterstützt.
Fazit des BfR: Bei einem mittleren Verzehr von Sesamsamen mit Rückständen von Ethylenoxid in Höhe von 0,05 mg/kg über längere Zeit, überschreiten weder Kinder noch Erwachsene die Aufnahmemenge geringer Besorgnis. Da Ethylenoxid erbgutverändernd und krebserzeugend ist, sind Rückstände in Lebensmitteln unerwünscht.
QUELLE:
- Stellungnahme Nr. 056/2020 des BfR vom 23.12.2020
Dr. Herbert Otteneder