Die praktische Anwendung der am 20.12.2018 im Bundesanzeiger veröffentlichten „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ ist gescheitert. Wie die Lebensmittelzeitung (LZ) dazu berichtete, attestierte eine Behörde in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren unter anderem einem Ersatzprodukt einen „weichen Geschmack“ und verneinte daher die Ähnlichkeit mit dem entsprechenden Fleischprodukt. Nach den Leitsätzen sind für die Bezeichnungen von veganen und vegetarischen Lebensmittel Anlehnungen an Bezeichnungen für spezielle gewachsene Fleischteilstücke oder für geschnittene Fleischstücke nur dann üblich, wenn eine weitgehende sensorische Ähnlichkeit zum in Bezug genommenen Lebensmittel tierischen Ursprungs bzw. eine hinreichende sensorische Ähnlichkeit besteht. Was im genannten Fall ein „weicher Geschmack“ sein soll, konnte die Behörde dem Betroffenen nicht genauer beschreiben. Wie das Beispiel zeigt, gelang es offensichtlich nicht mit den neu geschaffenen Leitsätzen die korrekte Zuordnung der Bezeichnung und Aufmachung eines bestimmten veganen bzw. vegetarischen Lebensmittels in Abhängigkeit vom Grad der Anlehnung und Ähnlichkeit an im Lebensmittelbuch bereits niedergelegte Bezeichnungen für Lebensmittel tierischen Ursprungs herzustellen.
Es war das ursprüngliche Ziel der Deutschen Lebensmittelbuchkommission (DLMBK), mit den genannten Leitsätzen Klarheit für alle Interessensgruppen zu schaffen. Dennoch stoßen die Leitsätze nach wie vor auf unterschiedliche Meinungen in Wirtschaft, Überwachung und Verbraucherschaft, Auch der Fragen-Antworten-Katalog, der dazu im Rahmen eines gemeinsamen Workshops von Mitgliedern und Sachkundigen des DLMBK-Fachausschusses Interessierten Vertretern aus Wirtschaft sowie Sachverständigen aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung entstand, konnte hier keine Abhilfe schaffen.
Nunmehr haben ein Zusammenschluss aus 14 Firmen, der Verein ProVeg e.V. und weitere Verbände einen Antrag auf Änderung der „Veggi-Leitsätze“ bei der DLMBK eingereicht. Laut LZ wird sich das Präsidium der DLMBK mit dem Änderungsantrag befassen, den die Gruppe von Herstellern veganer und vegetarischer Fleischersatzprodukte gestellt hat. Um die Anwendung der neuen Leitsätze zu erleichtern, wollen die Antragsteller laut LZ andere Kriterien als die sensorische Ähnlichkeit einsetzen, um bei Fleischersatzprodukten die Bezeichnungen von Fleischprodukten ohne Verwechslungsgefahr verwenden zu können. Auch Bezeichnungen, wie „vegane Sojastreichwurst nach Art einer Leberwurst“ sollen künftig vermieden werden.
QUELLEN:
- Lebensmittelzeitung vom 15.05.2020
- www.lebensmittelverband.de (Start > Publikationen > Berichte/Schriften > Dokumentation zum Workshop „Die neuen Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeiten zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“) vom November 2019
- https://proveg.com/de/blog/veggie-leitsatz-geht-in-revision/
Dr. Herbert Otteneder (siehe auch Food & Recht, 7/2020)