Laut einer Meldung der Lebensmittelzeitung in Ihrer Ausgabe vom 10.07.2020 will Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides ihren Vorschlag für eine EU-weit einheitliche Nährwertkennzeichnung Ende 2022 unterbreiten. Den EU Parlamentariern ist das nicht schnell genug. Die Kommissionsvertreter verweisen jedoch darauf, dass man alle Beteiligten einbinden müsse. Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) werde um eine wissenschaftliche Stellungnahme gebeten. Ein früherer Termin ist daher unrealistisch.
Das Vorhaben ist Bestanteil der Strategie „Farm to Fork“. Danach wird die Kommission neben klimaschonenden Zielen auch eine harmonisierte obligatorische Nährwertkennzeichnung auf der Verpackungsvorderseite vorschlagen. In engem Zusammenhang mit dem in der Strategie formulierten Ziel, den Verbrauchern den Übergang zu einer gesünderen Ernährung zu erleichtern steht auch das Thema Nährwertprofil zur erneuten Diskussion an.
Nährwertprofile sollen laut BMEL zukünftig die Grenzen festlegen, ab denen nährwert- bzw. gesundheitsbezogene Angaben nicht verwendet werden dürfen. Dies bedeutet zum Beispiel, dass ein Produkt, das einen hohen Gehalt an z. B. Fett oder Zucker besitzt, der das Nährwertprofil überschreitet, keine solchen Angaben tragen darf. Wenn jedoch lediglich ein einzelner ungünstiger Nährstoff das Nährwertprofil überschreitet, sind nährwertbezogene Angaben ("Vitamin C-Quelle") unter der Voraussetzung zulässig, dass in Verbindung mit der Angabe der Hinweis erfolgt: "Hoher Gehalt an…[Nennung des das Nährwertprofil überschreitenden Nährstoffs]". Mit dem Konzept der Nährwertprofile soll verhindert werden, dass Lebensmitteln der Anschein gegeben wird, sie hätten aufgrund des Gehalts an bestimmten Nährstoffen (z. B. zugesetzten Vitaminen) besondere gesundheitliche Vorteile, obwohl sie aber gleichzeitig aufgrund ihrer Gesamtzusammensetzung im Rahmen der täglichen Ernährung eher nur in Maßen empfohlen werden. Die Festlegung der Nährwertprofile soll durch die Europäische Kommission auf Grundlage der Vorschläge der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) sowie unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten erfolgen.
Die Vorstellungen, wie eine harmonisierte Nährwertkennzeichnung erfolgen soll, sind unter den Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich. So haben Frankreich, Belgien, Deutschland und Luxemburg mittlerweile die freiwillige Kennzeichnung mit dem Nutri Score-Modell notifiziert. Mehr Akzeptanz findet das System „Nutri-Score.“ Hier werden günstige Nährwertelemente und ungünstige bewertet. Das Gesamtergebnis wird mit Buchstaben von A (günstig) bis E (ungünstig), jeweils farblich von grün bis rot unterlegt, ergibt die Bewertung als günstig oder nicht im Sinne einer ausgewogenen Ernährung. Kritik an dem Modell erhebt Italien. Es findet, dass dadurch typische mediterrane nährstoffreiche Spezialitäten diskriminiert werden und hat mit einer „Nutriform Battery“ einen Gegenvorschlag präsentiert. Bei diesem Modell werden die jeweiligen Nährstoffe mit konkreten Zahlen unterlegt und grapfisch dargestellt. Die Skandinavischen Länder setzen auf das Modell „Keyhole“. Mit dieser Kennzeichnung werden diejenigen Produkte markiert, die innerhalb einer bestimmten Produktgruppe anhand von verschiedenen ausgewählten Nährstoffen zusammenfassend als positiv bewertet wurden. Schweden, Norwegen, Dänemark und Island haben, laut Lebensmittelzeitung Ergänzungen zu Keyhole notifiziert.
QUELLEN:
• Lebensmittelzeitung vom 10.07.2020
• www.bvl.bund.de (Startseite > Startseite > Themen > Ernährung > Lebensmittel-Kennzeichnung > Pflichtangaben > Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln – die Health Claims Verordnung) vom 19.09.2019
Dr. Herbert Otteneder (siehe auch Food & Recht, 9/2020)